Die Zerstörung der antiken Buchkultur – in der Herrschaftszeit des Christentums
2-2013
Die Gesellschaften der Antike waren orale Gesellschaften - Schriftbilder und Schrift spielten eine sekundäre, helfende Rolle. Aber diese „Hilfe” der Schriftzeichen konnte ganz unterschiedliche Formen annehmen - anfangs dienten sie als Instrument der Beamten (insbesondere die ägyptischen Hieroglyphen) und des kulturellen Ritus, dann als Kultur einer kleinen „griechischen” Elite. In Athen und in der Blütezeit des römischen Imperiums waren schon breite Bevölkerungskreise so weit „alphabetisiert”, dass sie öffentliche Schriftzeichen der Orientierung lesen konnten. Das laute, öffentliche Verlesen von Texten gehörte zum gesellschaftlichen Leben. Mit der kulturellen Dominanz des Christentums zerfiel die profane Bildungslandschaft. Nur in den Klöstern wurden im christlichen Mittelalter noch Bücher konserviert, sie hatten meist theologischen Inhalt, die Monopolisierung der Bildung in den Klöstern war ein Teil der klerikalen geistigen Machtausübung.
In der Blütezeit des antiken römischen Imperiums gab es eine umfangreiche profane Buchkultur. Allein in Rom bestanden achtundzwanzig stadtrömische Bibliotheken (Notitia dignitatum), die öffentlich zugänglich waren. Die größte Bibliothek der Antike war die in Alexandria. Sie war in der vorchristlichen Zeit auf 700.000 Rollen angewachsen, was rund 100.000 Büchern entspricht.
Die Nutzer der antiken Bibliotheken muss man sich als reiche Bürger vorstellen. Noch der Kaiser Julian (L), der in seiner kurzen Regierungszeit (360-363) den Einfluss des Christentums zurückzudrängen versuchte, stiftete der Bibliothek von Konstantinopel seine umfangreiche Privatbibliothek und ließ repräsentative Räumlichkeiten für die Bibliothek bauen. Er förderte die Universität von Athen, an der er selbst studiert hatte, und die (staatliche) Schulbildung.
Das antike Wissen war vor allem ein philosophisch-theoretisches. Es gab daneben umfangreiche medizinische Fachbücher, auch mathematische oder technische. Den praktischen Nutzen dieser Bildung muss man sich im Vergleich zu den Verhältnissen der europäischen Neuzeit als eher gering vorstellen - die antike Gesellschaft erwirtschaftete ihren Reichtum auf der Basis von Sklavenarbeit und Landwirtschaft.
Henri-Irenee Marrou hat das letzte Kapitel seiner großen „Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum” dem Verhältnis des Christentums zur klassischen Bildung gewidmet. Sein Fazit: Das Christentum duldete das römische Schulsystem notgedrungen, mehr nicht. Die Buchreligion Christentum hatte kein eigenständiges Interesse an der allgemeinen literalen Bildung, wie sie im klassischen Rom verbreitet war. Marrou nennt das Phänomen „Kulturosmose": Die kulturelle Umwelt der griechisch-römischen Bildung war so dominant, dass sie die christliche Glaubenskultur durchdrang – auch wenn die christlichen Autoritäten sich dagegen zu wehren versuchten. „Eben weil sie in der klassischen Welt lebten, haben die Christen der ersten Jahrhunderte den Grundbegriff des hellenistischen Humanismus als ‚natürlich’ und sich von selbst verstehend angenommen.“
Vor allem die gnostische Bewegung zeigt, wie ansteckend die antike Bildung wirken konnte – gebildete Christen versuchten, eine christliche Philosophie auf der Höhe der „heidnischen“ zu denken. Die Kirche hatte „alle Mühe, jene theologische Wut zu bändigen, in der sich die Bildungsbedürfnisse der Zeit austoben und in der die schlimmsten Überlieferungen aus dem Erbe des hellenistischen Humanismus Anwendung finden: die Streitsucht des Philosophen und der Wortschwall des Redners“ (Marrou). Die Kirche bekämpfte die Gnostiker mit allen Mitteln.
Aber die antike humanistische Philosophie wurde von den Christen als „Nebenbuhlerin“ verstanden und bekämpft - weil sie für die menschlichen Lebensfragen Lösungen anbot und „für die Gebildeten geradezu der Ersatz für eine wirkliche Religion“ (Marrou) war. Auch die Gebildeten unter den Kirchenvätern verdammten die antike Bildung als Gegenstück zur christlichen Offenbarung. Die Bekehrung zum Christentum war für gebildete Menschen mit dem ausdrücklichen Verzicht und der Distanzierung von der antiken Bildungstradition verbunden.
Die Christen und die Schule
Man wagte es gleichzeitig nicht, den Christen zu untersagen, ihre Kinder zur Heidenschule zu schicken, und es gab dort, wo es römischen Schulwesen gab, keinen Versuch, daneben christliche Konfessionsschulen zu bilden. Typisch ist die christliche Ambivalenz gegenüber dem Lehrerberuf: Kirchenvater Tertullian untersagte (im Jahre 211) den Christen das Unterrichten als mit dem Glauben unverträglich – ebenso wie den Beruf des Astrologen oder die Herstellung von Götzenbildern. Er untersagte nicht den christlichen Kindern den Schulbesuch. In der gleichen Zeit zählte Bischof Hippolytus von Rom in der Apostolischen Überlieferung die Berufe auf, die für Christen unvereinbar seien, also Kuppler, Komödianten oder Hersteller von Götzenbildern. Und die Lehrer? „Wenn einer", so Hippolitus, „die kleinen Kinder die Weisheit dieser Welt lehrt, so täte er es besser nicht. Immerhin, wenn er keinen anderen Beruf hat, wovon er leben kann, so soll man ihn entschuldigen." Das kanonische Recht enthielt ausdrückliche Vorschriften, „sich der heidnischen Bücher vollkommen zu enthalten". Wörtlich: „Was hat ein Christ mit diesen Irrtümern zu tun? Was hat er sonst noch nötig, wo er das Wort Gottes besitzt? Die Bibel genügt nicht nur für das übernatürliche Leben, sondern auch für die Bedürfnisse der Bildung“. (zit. nach Marrou) Insbesondere ein Bischof sollte sich des Lesens heidnischer Bücher enthalten.
Überall da, wo das Christentum außerhalb der Länder mit griechischer Bildungstradition verbreitet wurde, schuf es Bildungsstätten nach Art von Klosterschulen. Kloster-Schüler mussten die Psalter und das Neue Testament auswendig lernen und zu diesem Zwecke auch lesen lernen. Psalmen dienten als Stoff für Schreibübungen. Weltliche Wissenschaften und Künste waren ausgeschlossen.
Mit dem Niedergang der antiken Schulen wurde das Christentum vom Einfluss des „heidnischen“ Bildungsideals befreit. Mit dem Lob der „klösterlichen Einfalt" kommt die christliche Bildung zu sich: „Das abendländische Mönchtum entwickelt sich in derselben Atmosphäre von Bildungsaskese wie das des Orients. Der Mönch muss die Welt, ihre Eitelkeiten, ihre Reichtümer fliehen, und zu ihnen gehört auch die Bildung.“ (Marrou)
„Wie weit ist das alles von der klassischen Schule entfernt!“, ruft Marrou aus – „wir werden viel eher an die Methoden erinnert, die in den moslemischen Ländern, in den Koranschulen noch heute in Kraft sind.“ Typisch ist der Wechsel in der Bedeutung des Lehrers: Während das Ideal des antiken Lehrers war, dass der Schüler sich von der Schülerrolle emanzipiert und selbständig denken lernt, beansprucht der christliche Lehrer religiöse Achtung – der Lehrer ist gleichzeitig der geistliche Vaters, dem der Schüler Vertrauen und lebenslang unterwürfige Gefolgschaft schuldet. „Im 6. Jahrhundert gibt es keinen anderen Unterricht mehr als den, welche die Kirche von nun an zu übernehmen sich bemüht“, schreibt Marrou, die abendländische Bildung hatte „ihren niedrigsten Stand erreicht.“
Zerstörung der Bildungskultur
Im sechsten Jahrhundert, nach 200 Jahren christlichen Kaisertums, waren im Herrschaftsbereich Roms auch die Bibliotheken weitgehend zerstört. Man geht davon aus, dass mehr als 90 Prozent der Schriften vernichtet und verloren sind. Die Bücher, die erhalten blieben, sind vor allem solche religiösen Inhalts. Vom 4. Jahrhundert führe „eine gerade Linie zur Inquisition des Mittelalters und zum Ketzergericht”, fasst Wolfgang Speyer zusammen (s. Auszug). Die quantitative Seite ist bei Wikipedia unter dem Stichwort „Bücherverluste” dargestellt. Verantwortlich dafür war der wirtschaftliche Niedergang im Zusammenhang mit den Folgen der Völkerwanderung (Bryan Ward-Perkins). Zerstörung von Buchkulturen ist in solchen Prozessen aber nur eine Nebenfolge, ein „Kollateralschaden“. Als die „Barbaren” aus dem germanischen Norden nach Italien einfielen, war das geistige Erbe der Antike schon ausgehöhlt.
Die gezielte Zerstörung der antiken Kultur wurde seit dem 4. Jahrhundert von dem Christentum betrieben, das von den Kaisern Konstantin und Theodosius I im Interesse der Staatserhaltung formiert wurde. Dieses neue Christentum, das wenig mit dem Glauben der Jesusanhänger gemeinsam hatte, konnte seine Bildungsfeindlichkeit mit staatlicher Repression durchsetzen. Das Staats-Christentum ist nicht nur Ausdruck dieses Zerfalls der antiken Kultur, es hatte aktiv Anteil daran.
Ablehnung der „heidnischen“ Philosophie
Die Ablehnung der griechischen Philosophie, soweit sie nicht in die christliche Lehre integrierbar war, haben viele christliche Denker der Spätantike deutlich gemacht. Kritische Stimmen zur Verteidigung der antiken Buch-Kultur finden sich dagegen kaum. Schon der christlicher Schriftsteller und Vater des Kirchenlateins Tertullian (ca. 160-220) formulierte den Satz vom Glauben als Antithese zur Vernunft: „Prorsus credibile est, quia ineptum est.“ (Das muss man geradezu glauben, weil es unsinnig ist.) Der Gedanke fand seine klassische Form in dem „credo quia absurdum“. Nach Tertullian muss man den Herrn „in der Einfalt des Herzens suchen“.
Der Kirchenvater Hieronymus (347-420) berichtet von einer Traum-Vision, in der er „im Geiste plötzlich vor den Richterstuhl gezerrt (wurde), wo soviel Licht war und soviel Glanz von der Klarheit der darum Stehenden, dass ich auf dem Boden ausgestreckt nicht mehr emporzublicken wagte. Nach meinem Stand gefragt sagte ich, ich sei Christ; da sagte der, der dort saß: ‚Du lügst, du bist Ciceronianer, kein Christ! Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.’ Sofort verstummte ich und wurde unter Schlägen (denn er befahl, mich zu schlagen) noch mehr vom Feuer meines Gewissens gequält.“ Hieronymus Moral von der Geschichte: Er habe über Jahre kein heidnisches Buch mehr zur Hand genommen. Augustinus (L) gilt als der letzte Philosoph der Antike, bei ihm vollendet sich die theologisch motivierte Vernichtung der antiken Vernunft-orientierten Philosophie.
Es gehörte zum guten Ton, dass griechisch Gebildete, die zum Christentum übertraten, ihre „heidnischen“ Bücher verbrannten. In der Apostelgeschichte ist das Muster der Bücherverbrennung niedergelegt: In Ephesus hatten die Erfolge des Paulus viele Zauberer so tief beeindruckt, dass sie ihre magischen Schriften herbeibrachten und sie vor den Augen aller ins Feuer warfen. Der Wert dieser Bücher sei auf 50.000 Denare geschätzt worden, heißt es da. Die Botschaft: Wer den christlichen Glauben annahm, musste sich von seiner unheiligen Vergangenheit lösen, indem er geistig und materiell die Grundlagen seines früheren Lebens tilgt.
Der römische Kaiser Julian Apostata (L), „der Ungläubige”, hat sich lustig gemacht über den Anspruch der christlichen Theologie und versucht, die alte kommunikative Ideologie für das römische Imperium wiederherzustellen. Er versuchte, den Einfluss des Christentums zurückzudrängen und den alten römischen Götterkult als Gegen-Kirche zu institutionalisieren. Er lehnte gleichzeitig die Sakralisierung des Kaisertums ab und führte den bescheidenen Stil eines civilis princeps wieder ein. Nach nur drei Jahren im Amt (360-363) kam kam Kaiser Julian er bei einem Feldzug ums Leben.
Vergeblich hatte sich der renommierte und griechisch gebildete Redner Symmachus in einer Bittschrift (384) an den Kaiser für Toleranz eingesetzt: „Beste Herrscher, Väter des Vaterlandes, habt Ehrfurcht vor meinem Alter, in das mich die fromme Pflichterfüllung gelangen ließ! Lasst mich bei den vorväterlichen Bräuchen bleiben, denn ich bereue sie nicht. Lasst mich nach meiner eigenen Art leben, weil ich frei bin” und: „Warum ist es von so großer Bedeutung, mit welcher Denkweise ein jeder die Wahrheit sucht. Auf einem Weg allein kann man nicht ein solch erhabenes Mysterium erkennen." Ambrosius, der Erzbischof von Mailand und bedeutende Kirchenlehrers, begründete dagegen die christliche Intoleranz und setzte sich machtpolitisch damit durch: „Die Erlösung wird nur gewährleistet sein können, wenn ein jeder wahrhaft den wahren Gott verehrt, das ist den Gott der Christen ... Er allein ist der wahre Gott, der in der Tiefe des Verstandes zu verehren ist; denn ‚die Götter der Heiden sind Dämonen‘, wie die Heilige Schrift sagt.“
Ein prominentes Beispiel für die fanatische Zerstörungswut von überzeugten Christen ist die Ermordung der Wissenschaftlerin und Philosophin Hypatia (L) durch den christlichen Mob in Alexandria im Jahre 415.
Der Historiker Peter Brown fasst zusammen: „Der enorme Widerhall, den spektakuläre Gewaltaktionen gegen heidnische Tempel und jüdische Synagogen in weiten Bevölkerungskreisen fanden, illustriert den Sachverhalt am sinnfälligsten. Unübersehbar wird in allen christlichen Quellen zur Regierungszeit Theodosius’ I. in den Jahren 379 bis 395 davon berichtet. Hasserfüllter, organisierter Terror gegen heidnische Kultstätten war damals weit verbreitet. Man schlug Hände und Füße heidnischer Statuen ab, Gesicht und Genitalien wurden verstümmelt, sakrosankte Bezirke durch Feuer ‘gereinigt’.“
Der arianische Gotenkönig Theoderich (regierte bis 526), selbst Analphabet, ist ein Beispiel für die Trauer um die verlorene Kultur im 6. Jahrhundert: Der König befahl den Schutz alter Gebäude: Das Abreißen antiker Gebäude wurde verboten, aber auch das Zerschlagen von Marmorstatuen zum Zweck der Kalkgewinnung. „Der Hinweis, es lägen ja genug Bruchstücke von Marmorstatuen herum, die man zu diesem Zweck gebrauchen könnte, wirft ein erschreckendes Licht auf die Verhältnisse. Verboten wurde auch, alte Bronzestatuen einzuschmelzen.“ (Hafner) Von ihm wird der geradezu modern klingende Satz zitiert: „Religion können wir nicht anbefehlen, da es niemandem in den Sinn kommen wird, dass er gegen seinen Willen glaubt“. Theoderich hatte den neuplatonischen römischen Gelehrten Boethius (L) in seinen Dienst genommen. Als er in den Verdacht geriet, in eine Verschwörung verwickelt zu sein, ließ ihn Theoderich in den Kerker werfen - als Hochverräter wurde er (vermutlich 526) hingerichtet. In Ungnade fiel auch der römische Gelehrten Cassiodor (L), der sich Möglichkeit hatte, sich in ein Kloster zurückzuziehen und dank dessen Abschreibe-Wut viele antike Schriften überliefert sind.
Nachfolger war Kaiser Justinian I., in dessen Zeit die Zerstörung der Antike vollendet wurde. Justinian regierte von 527 bis 565, er gilt in der Geschichtswissenschaft als einer der bedeutendsten Herrscher der Antike und wird von der orthodoxen christliche Kirche bis heute als Heiliger verehrt. 529 ließ Justinian die platonische Akademie in Athen schließen, in der er einen Hort paganer neuplatonischer Philosophie sah. Der Isis-Tempel von Philae in Ägypten wurde um 536 durch kaiserliche Truppen geschlossen - das letzte geduldete nichtchristliche Heiligtum im Imperium. Justinian ordnete 545/6 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an und ließ im Jahre 562 heidnische Bücher öffentlich verbrennen. Unter dem Vorwurf des Heidentums wurden Angehörige der klassisch gebildeten Oberschicht verfolgt. Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust von Eigentum und Bürgerrecht bestraft, das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe mit der Todesstrafe. (Codex Iustinianus) Im Januar 543 erließ Justinian einen Erlass gegen neun Lehrsätze von Origenes (185–254) veröffentlichen. Der angeblich von Justinian selbst verfasste Hymnus, „O einzig-gezeugter Sohn und Wort Gottes“ gehört bis heute zur Liturgie der orthodoxen Kirche.
Am Ende der antiken Kultur stand, jedenfalls in dem westeuropäischen Kerngebiet des Christentums, eine auf die christlichen Fragen und die christlichen Bildungsträger reduzierte Gelehrsamkeit, die sich weitgehend auf die Rechtfertigungs-Bedürfnisse Machtstrukturen von Kirche und christlichen Herrschern bezog. Während in der Bildung der Antike der schöne Mensch und sein irdisches Glück im Mittelpunkt von Bildungsinteressen stand, ging es im frühen Mittelalter um die Rechtfertigung des geknechteten, elenden - weil erbsündigen - irdischen Lebens und die Erlösung der armen Seelen. Die Glücksperspektive war - schon bei Augustinus - ganz auf das Jenseits verschoben.
Bücher wurden Kirchenschätze, sozusagen Tafelsilber. „Die herrlichen Handschriften dieser Zeit sind Luxuswerke”, schreibt der Historiker Jacques Le Goff. Stärker noch als die fehlerhafte Orthographie sei „die Kalligraphie das Merkmal einer ungebildeten Zeit mit sehr geringer Nachfrage nach Büchern”, sie wurden für den Hof oder für große weltliche oder kirchliche Persönlichkeiten prachtvoll verziert, „sie sind gar nicht zum Lesen da.“
Vor allem über den Umweg über Byzanz (L) und die arabische Welt, in der ein Teil der antiken Bücher konserviert und übersetzt wurden und so überleben konnten, kam die alte Bildungskultur Jahrhunderte später zurück ins christliche Europa und wurde vor allem seit dem 12. Jahrhundert zum Kristallisationspunkt des Streits um ein neues Leseverständnis im Hochmittelalter (L), das an die antike Kultur anknüpfte. Die Hauptbibliothek des arabisch-maurischen Cordoba glänzte noch im neunten Jahrhundert mit einem Bestand von rund 600.000 Titeln.
siehe auch die Texte
Wie Europa christlich wurde (L) Die Kultur des Lesens in der griechisch-hellenistischen Welt (L) Die Kultur des Lesens im römischen Reich (L) Widerstand gegen das Staats-Christentum: Kaiser Iulianus Apostata (L) 415 - Der christliche Mord an Hypatia (L) Bild-Verehrung, Bild-Zerstörung (L) Byzanz oder: Vernichtung der antiken Kultur im lateinischen Raum war nicht alternativlos (L)
Literatur-Tipps:
Rolf Bergmeier: Schatten über Europa. Der Untergang der antiken Kultur (Aschaffenburg 2011) Peter Brown, Autorität und Heiligkeit (dt. Stuttgart 1998) Bryan Ward-Perkins: Der Untergang des Römischen Reiches und das Ende der Zivilisation (Stuttgart 2007) Jacques Le Goff, Die Intellektuellen im Mittelalter (dt. 2001) German Hafner: Cassiodor : ein Leben für kommende Zeiten (Stuttgart 2002) Gerd Lüdemann: u.a. Ketzer - die andere Seite des frühen Christentums (Stuttgart 1995) Henri-Irenee Marrou: Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum (frz. 1948, dt.1957) Wolfgang Speyer: Büchervernichtung und Zensur des Geistes bei Heiden, Juden und Christen (Stuttgart 1981). William Montgomery Watt: Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter (1972, dt. Berlin 1988)
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