Der Kaiser als der Christus-ähnliche Herr der Kirche
Schon Kaiser Diokletian berief sich als Gesetzgeber direkt auf den Willen der Götter, denen er sich unterstellt hätte. „Der christusähnliche Herrscher Konstantin wird damit zur irdischen Verkörperung des himmlischen Gesetzgebers Christus. Seine die Kirche mahnende Stimme ist gleichsam die Stimme Christi.“ (Leeb) Konstantins Integration der christlichen Symbolik in seine Kaiserdarstellung hat die einheitliche Gottesverehrung zum Ziel, die das Wohl des Staates garantieren sollte. Es ging ihm um die Eintracht und Einheit der Kirche, aus der die Wohlfahrt des Staates erwächst: Als christusähnlicher Herrscher spricht er mit der Autorität des Gesetzgebers Christus. Der römische Kaiser war als pontifex maximus verantwortlich für die Vollziehung der religiösen Kulte.
Konstantin als Herrscher über die Kirche im Donatistenstreit
Schon im Donatistenstreit beauftragte Konstantin den römischen Bischof mit der Klärung des Falles. Auf Anordnung des Kaisers übte eine kirchliche Versammlung die staatliche Gerichtsbarkeit aus. Da die Donatisten mit dem Ergebnis dieses Verfahrens unzufrieden waren, wurde im Jahr darauf 314 eine Synode in Arles einberufen. Der Kaiser befahl die Bischöfe zur Synode, er setzte Veranstaltungsort, Zeitpunkt und auch die Verhandlungsgegenstände fest. Der Kaiser selbst erklärte die Synode schließlich für beendet und erlaubte den Bischöfen die Heimreise.
Der Kaiser hat 313 die Oberherrschaft über die Kirche bereits übernommen. „Nirgendwo finden sich in den Quellen Hinweise für politischen bzw. institutionellen Widerstand innerhalb der Kirche gegenüber dem Kaiser.“ (Leeb)
Der Kaiser führt den Sonntag als Feiertag des Sol invictus ein
Feste sind wiederkehrende Gelegenheiten identitätsstiftender Gemeinschaftserlebnisse. Konstantin entzog mit dem Verbot der blutigen Opfer dem antiken Festwesen einen wichtigen Bereich und entwickelte zum Ersatz den christliche Jahresrhythmus mit seinen Feiertagen und Gedächtnisfesten. Der Geburtstag des 'Unbesiegten Sonnengottes“ zur Wintersonnenwende am 25. Dezember erschien im Festkalender als Geburtstag Jesu. 321 erklärte Konstantin den „dies solis“, den Feiertag des Sol invictus als „verehrungswürdiger Tag der Sonne" zum öffentlichen Ruhetag.
Kaiserliche Festlegung des Ostertermins
Auch in der umstrittenen Osterterminfrage war das dominierende Eingreifen wie das theologische Argumentieren des Kaisers (auf dem Konzil von Nicäa) evident. Der bei Eusebius überlieferte Brief Konstantins an die Gemeinden stellt die Notwendigkeit einer reichseinheitlichen Osterfeier heraus. Eusebius erläutert in „De vita Constantini“ Konstantins theologische Begründung – den Hinweis auf die Juden als Christus-Mörder: „Als erstes schien es uns unwürdig zu sein, jenes aller heiligste Fest auszuführen, indem man der Sitte der Juden folgt, die ihre eigenen Hände durch gottlosen Irrtum verunreinigt haben und darum zu Recht als Verbrecher mit Blindheit an der Seele geschlagen sind... Es ist daher passend, wenn wir die Praktiken dieses Volkes zurückweisen und in aller Zukunft das Begehen dieses Festes auf eine legitimere Art feiern. Lasst uns also nichts gemeinsam haben mit diesem äußerst feindlichen Pöbel der Juden.“ Es ist schon verwunderlich, wie hier ein christlicher Bischof übersieht, dass der römische Imperator, dessen Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen haben, mit dem Verweis auf die Juden sich selbst und seine Staatstradition als vollkommen unbeteiligt und unschuldig dazustellen sucht.
Die christliche Feiertags-Politik des Kaisers ist eine Adaption des pagan-römischen Gedankens auch der Vorgänger Konstantins, dass nämlich die „pax deorurn” die „salus publica” sichere.
Nicäa – die Unterwerfung der Bischöfe unter den Kaiser (325)
Das Konzil von Nicäa ist ein Beispiel dafür, wie der Kaiser in seinem Verständnis als von Gott eingesetztes und beauftragtes Herrschaftsorgan der Kirche es als seine Aufgabe betrachtet, im Interesse der Wohlfahrt des Staates theologische Streitigkeiten, den Arianer-Streit, regelrecht zu beseitigen.
Konstantin griff an einem wichtigen Punkt in Lehrentscheidungen massiv ein, er arbeitete mit Drohungen und der Ankündigungen von Repressalien. Jeder Bischof wurde einzeln vorgenommen. Ihm wurde das neue Bekenntnis vorgelegt und er wird zugleich vor die Alternative gestellt, entweder zu unterschreiben oder in die Verbannung zu gehen. Das waren keine leeren Drohungen: Arius wurde am Ende in die Verbannung geschickt.
In Nicäa haben die Bischöfe – der ohnehin wenig bedeutungsvolle Bischof Silvester von Rom war gar nicht erst nicht gekommen - die formelle Unterwerfung unter den Kaiser geleistet. In Nicäa wurde auch die Kirchenorganisation an die Organisation des Reiches angepasst. Die in Nicäa gefassten Beschlüsse wurden Reichsgesetz, das Dreieinigkeits-Dogma war damit Gesetz, seine Leugnung wurde mit staatlicher Macht verfolgt. (ausführlicher siehe Nicäa - wie Jesus Gott wird, Link)
Das Christentum als Staatsmachts-Religion (seit 390)
Indem der Kaiser die Konzilsbeschlüsse ratifizierte und wie kaiserliche Gesetze behandelte, denen die Reichsbürger zu gehorchen hatten, übernahm er auch die Verpflichtung, die sich Widersetzenden der weltlichen Gerichtsbarkeit zuzuführen. Insbesondere seit Kaiser Theodosius das Christentum 390/391 zur „Staatsreligion“ erklärt hatte, führte der christliche Exklusivitätsgedanke dazu, dass pagane und auch „häretische“ christliche Strömungen auf oft brutale Weise unterdrückt werden, alte Außenseiter wie die Juden werden mit dem zusätzlichen Stigma der 'Gottesmörder' (Augustinus) versehen. Kaiser Justinian führte um 545/6 die gesetzliche Pflicht zur Kindstaufe ein, die Nichtbeachtung wurde mit dem Verlust von Eigentum und Bürgerrecht bedroht, das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe mit der Todesstrafe. Damit wurde das Christentum vom Kaiser als Volksreligion durchgesetzt - da nun jeder Reichsbewohner bereits als Kind getauft werden musste und ein Abfall vom Christentum als Verbrechen galt.
Die enge Verbindung von Kirche und Staat wird ein prägendes Merkmal für die weitere Kirchengeschichte. Anstelle der eher antistaatlichen Predigt des Jesus von Nazareth, dem die fehlende Subordination unter die staatliche Symbolik zum Vorwurf gemacht wurde, tritt für mehr als 1000 Jahre ein Staatskirchentum, im dem unter dem Motto „cuius regio eius religio“ die Kirche sich zum Instrument staatlicher Interessen machen lässt. In Europa beendet erst die Aufklärung diesen Zustand, für die russische orthodoxe Kirche, die Konstantin als Heiligen verehrt, gilt er noch heute.
Literatur-Tipps: Rudolf Leeb: Konstantin und Christus - Die Verchristlichung der imperialen Repräsentation unter Konstantin dem Großen als Spiegel seiner Kirchenpolitik und seines Selbstverständnisses als christlicher Kaiser (1992) Rolf Bergmeier: Das Konzil von Nicäa (325) und Konstantin der Große - Wie Jesus zum Gott wurde (Forschungsarbeit, 2011) Alexander Demandt Durch Mord zum Heil, Spiegel Heft 1-2009 Link Peter Brown: Autorität und Heiligkeit - Aspekte der Christianisierung des Römischen Reiches (1993)
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