Klaus Wolschner 

Über den Autor

Texte zur Geschichte und Theorie von Medien & Gesellschaft

www.medien-gesellschaft.de


II
Politik
und Medien

Über traditionelle Herrschafts-Kommunikation
und neue Formen der
Medien-Demokratie:
Wenn der Pöbel
online kommt

POP 55

ISBN: 978-3-752948-72-1

Über die
Mediengeschichte der
Schriftkultur und ihre
Bedeutung für die
menschliche
Wirklichkeits-Konstruktion
im  Jahrhundert des Auges

2 VR Titel

ISBN 978-3-7375-8922-2

Über religiöse Körpergefühle und die kommunikative Kraft
der großen Götter von Christentum, Islam und Moderne

2 GG Titel

ISBN 978-3-746756-36-3

Augensinn, Bild-Magie - Bilder und ihre Wirklichkeit 
   Wie wir wahrnehmen, was wir sehen
   Kulturgeschichte des Sehens, Mediengeschichte der Bilder

2 AS Cover

ISBN 978-3-7418-5475-0

cover KMB

Konsumismus – Macht – Geschichte
 Wir konsumieren, also bin ich – persönliche Identität und  gesellschaftliche Politik im Zeitalter des Konsumismus

ISBN: 978-3-819058-45-5  

Zu Jean Beaudrillard

BeaudrillardJean Baudrillard hat 1966 (in seiner Dissertation „Das System der Dinge“) den Alltag als ein Zeichensystem beschrieben, in dem die Dinge wie Wunschmaschinen funktionieren. Autos vermitteln Fahrspaß, Duschgels sexuelle Attraktivität, Sammlerstücke bedeuten bildungsbürgerliches Prestige. Fälschungen befriedigen das gebliebene Bedürfnis nach ‚Echtem‘. Verbraucher konsumieren die Traumbilder des Designs und der Werbung. Dabei verliert der funktionelle Wert der Dinge an Relevanz. Die  Konsumenten befriedigen sich beim Kaufakt und die Warenfülle weckt stets neue Wünsche. Automaten suggerieren eine Macht über die Technik, er erlebt sich als potenter Erfinder und Kontrolleur. Das Auto verbindet die „Freude am Fahren“ (BMW 1965)  mit Prestige und Komfort. Mit dem Fuß am Gaspedal  genießt der Mann den Rausch seiner Geschwindigkeit. Moderne Geräte scheinen mit Mythen ausgestattet. 

Jean Baudrillard (1929-2007)
 

Moderne Gesellschaften werden nicht von der Produktion, sondern vom Konsum geprägt.  Während der Gebrauch von Dingen seine Grenze im vollen Bauch findet, kennt der Konsum der Zeichen keine Grenzen.  Die Dinge lassen sich als Zeichen beliebig konsumieren, ohne an soziale oder materielle Realitäten gebunden zu sein. Das war ein Gedanke der Situationistischen Internationale, die der französische Künstler und Philosoph Guy Debord als „Gesellschaft des Spektakels“ (1967) identifiziert hatte. Beaudrillard teilte allerdings nicht Debords Anarchismus, der die Masse der Menschen, die das Spektakel lieben, von ihrer Illusion befreien wollte. Mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 begrüßte Baudrillard allerdings den islamistischen Fundamentalismus als einen Protest gegen den westlichen Konsum-Fetischismus.

1970 setzt Beaudrillard seine Überlegungen in dem Buch „La société de consommation“ fort.  Er ist inzwischen Assistent bei Henri Lefebvre in Nanterre. Baudrillard präsentiert sich von einer vergleichsweise ‚wissenschaftlichen‘ Seite.  Er analysiert  die „Wegwerfzivilisation“, die „Sakralisierung“ des Körpers als Konsumobjekt und die die „therapeutische Gesellschaft“, die die psychischen Folgeschäden des Konsums verwaltet. Die Warenberge in den Schaufenstern und in den Wohnzimmern sind Teil eines kulturellen Zeichensystems. Sie symbolisieren das „Glück“ des Konsums, der zum säkularen „Äquivalent des Heils“ wird.
Die Massenmedien, so Beaudrillard, üben in die „Regeln des Spiels“ ein und pflegen den Distinktions-Wunsch der Konsumenten. Darin liege auch die gesellschaftliche Funktion der Werbung.
Der antikonsumistische Eskapismus der Hippie- und Ökobewegung ist für Baudrillard ein Mittel, sich von anderen abzugrenzen und einen höherwertigen „Stil“ des Konsumierens für jene, die ihn sich leisten können. Konsumkritik und Konsumaskese, so Baudrillard, sind „Metakonsum“, die Fortsetzung des Konsums mit anderen Mitteln. Damit erscheint Baudrillards „Konsumgesellschaft“ als Fortsetzung von Theodor W. Adornos These der totalen Herrschaft der „Kulturindustrie“.

Kulturkritik des digitalen Zeitalters

In der schönen neuen virtuellen Welt lassen sich Schein und Wirklichkeit nicht mehr auseinanderhalten, erklärt Beaudrillard in „Der symbolische Tausch und der Tod“ (frz. „L'échange symbolique et la mort“, 1976). Das Reale ist in der medial erzeugten Hyperrealität aufgegangen, so erklärt Jean schon 1976. In der Kultur der Hyperrealität hat der Tod kleinen Platz mehr, Sterben und die Toten werden ghettoisiert. Beaudrillard: „Das Reale ist tot, es lebe das realistische Zeichen!“