Klaus Wolschner  Texte zur Geschichte und Theorie von Medien & Gesellschaft

Über den Autor

www.medien-gesellschaft.de


III
Medien
-Theorie

Cover WI

Neue Medien,
neue Techniken des Selbst:
 Unser digitales Wir-Ich

ISBN: 978-3-754968-81-9

Cover VR

Über die Mediengeschichte der Schriftkultur und ihre
Bedeutung für die
menschliche
Wirklichkeits-Konstruktion
im  Jahrhundert
des Auges:
Virtuelle Realität
der Schrift

ISBN 978-3-7375-8922-2

COVER AS

Wie wir wahrnehmen,
was wir sehen:

Augensinn und
 Bild-Magie

ISBN 978-3-7418-5475-0

Cover GG

Über religiöse Körpergefühle und die kommunikative Kraft
der großen Götter von Christentum, Islam und Moderne:
Wie Glaubensgefühle
Geschichte machen

ISBN 978-3-746756-36-3

Cover POP2

Über traditionelle
Herrschafts-Kommunikation
und neue Formen der
Medien-Demokratie:
Wenn der Pöbel
online kommt

ISBN: 978-3-756511-58-7

 

 

 

Denken des Leibes

Leibliches Wahrnehmen und leibliches Denken – wie „dachten“ Menschen ihr leibliches Selbst und ihre Umwelt, bevor sie über eine differenzierte Sprache verfügten?

2022

Unsere leibliche Wahrnehmung und unsere Körper-Sprache sind voller Geheimnisse - für unsere Vernunft. Warum brauchen wir rund 80 Zentimeter Abstand zu einem fremden anderen Menschen? Woher kommt das Gefühl, dass jemand uns „zu nahe kommt“? Warum interpretieren wir in Bruchteilen von Sekunden die freundlichen oder feindlichen Gesichtszüge unseres Gegenübers? Warum fürchten uns vor Spinnen, obwohl wir nie eine böse Spinne erlebt haben?  Warum ekeln uns bei einem realistischen Blick auf den menschlichen Darm, dieses Kraftwerk unseres eigenen Lebens? Warum beruhigen wir uns, wenn wir uns im Gesicht berühren - jeden Tag dutzende Male? Warum verlieben uns „auf den ersten Blick“? Warum lässt das Schreien eines Säuglings niemanden kalt?
Wir fangen an zu stottern, wenn wir mit unserer sprachlichen Vernunft erklären sollen, was bei solchen Phänomenen der leiblichen Wahrnehmung passiert. 

Leibliche Wahrnehmung ist un-vernünftig, ganzheitlich, vorsprachlich, unmittelbar sinnlich. Die Haut- und Geruchs-Wahrnehmungen, die akustischen und die visuellen Wahrnehmungen verschmelzen zu einem Kern menschlicher Selbst-Empfindung, die resistent ist gegen kulturelle Überformungen. (Ich benutzte gern das alte deutsche Wort „Leib“, weil es den ganzen „Körper“ meint und nicht von dem biologischen Blick geprägt ist (MG-Link Leib, s.a. MG-Link Ertasten)

Nicht nur von den unmittelbaren haptischen Empfindungen, auch von den Distanz-Sinnen des Ohres und des Auges scheinen direkte kurze Wege in die Zentren der emotionalen Selbst-Wahrnehmung zu führen, die die sprach-kulturellen, rationalen Filter der Großhirnrunde unterlaufen. Die leibliche Selbst-Wahrnehmung liegt tiefer als jede sprachlich vermittelte Selbst-Wahrnehmung. Der Homo sapiens hat sie gemeinsam mit den anderen Lebewesen und sie verschwindet natürlich nicht mit der arroganten Behauptung „ich denke, also bin ich“. Mario Damasio hat zu Recht mit seinem „ich fühle, also bin ich“ widersprochen. Für den neu geborenen Menschen gilt noch präziser das: „Ich taste, also bin ich“.

In Analogie zu dem magischen und dem rationalen Denken könnte man die leibliche Wahrnehmung auch als „leibliches Denken“ bezeichnen. Mit seiner leiblichen Wahrnehmung empfindet der Mensch sich und seine Um-Welt, er konstruiert  ein Weltbild, in dessen Zentrum er selbst viel unmittelbarer steht als in den mythischen oder den rationalen Gedanken-Konstruktionen.

Die Vorfahren der Menschen kommunizierten mit Zeigegesten und mit Lauten, den Lautstrom müssen wir uns vorstellen wie das Gebrabbel von Säuglingen oder das Plätschern eines Gebirgsbachs. Melodische Ein-Wort-Laute bestärkten am Anfang die Zeigegesten. Die Menschen in der frühen Jungsteinzeit interpretierten mit Ritualen, Bildnissen und laut-malerischen Gesängen ihre leibliche Wahrnehmung der Umwelt, gaben ihrer Freude oder Furcht so Ausdruck und bestärkten akustisch ihre emotionale Gruppen-Zusammengehörigkeit. Erst mit der Entwicklung einer komplexen Laut-Sprache konnte der Homo sapiens seine unmittelbare leibliche Wahrnehmung mit Erzählungen über Kräfte, die man nicht sehen kann, erklären – die archaischen Mythen der sind für uns die frühesten Zeugnisse für die Entfaltung des menschlichen Geistes. Zwischen der rein biologischen Fähigkeit, Sprachlaute zu bilden, und einer bildreichen, mythenfähigen Sprache liegen lange Phasen der menschlichen Evolution. Mit der Bildung größerer Menschen-Horden wuchs die Bedeutung der Lautkommunikation für den Zusammenhalt der Gruppe, mit der Sesshaftigkeit in kleinen Städten wuchs die Bedeutung der sprachlichen Kommunikation für das arbeitsteilige Zusammenleben. Erst kam die Kunstfertigkeit der Finger, dann erst die der Zunge. „Zwischen der Erfindung von Pfeil und Bogen und der Internationalen Raumstation vergingen nur 12.000 Jahre“, sagt der US-Anthropologe Stanley Ambrose. „Wir wissen, dass ab ungefähr 8.000 Jahre vor Christus die Sprachen ungefähr genauso komplex und strukturiert waren, wie sie es heute sind“, sagt der Sprachwissenschaftler Bernd Heine.

Tierisch selbstbewusst

Das körperliche Bewusstsein des Menschen hat sich aus den Formen tierischen Bewusstseins entwickelt. Tiere verfügen mit ihrem Schnüffeln, Jaulen, Pfeifen, Plappern, Lispeln, Bellen und Blöken über eine spezialisierte, effektive Laut-Kommunikation. Mit ihren Sinnen nehmen sie nach Maßgabe ihrer Handlungsoptionen „ihre“ Wirklichkeit war. Was „sieht“ ein Affe, wenn er vor einer frei stehenden Kokospalme hockt? Er sieht, dass kein Leopard in der Nähe ist. Er sieht, welche Fluchtmöglichkeiten es gibt - nahe andere Bäume. Er sieht, ob die Kokosnuss reif erscheint, wie groß sie ist. Natürlich sieht er keinen dreidimensionalen, perspektivischen Raum, er hat kein Bewusstsein der linear gedachten Länge der Zeit, die er braucht, um die Kokosnuss herunter zu holen. Man darf unterstellen, dass er sich mit seiner Wahrnehmung kreisend seiner Handlungschancen versichert. Der hungriger Leib denkt: Kann ich oder sollte ich lieber nicht?

Eine Katze, die vor einem Mauseloch ausharrt und nicht auf die Uhr schaut, ist zeitlos gespannt aufmerksam. So aufmerksam, dass es passieren kann, dass sie nicht rückwärts blickt und Feinde von hinten erst an dem Geraschel in ihrem Rücken erkennt. Die akustische Körpersprache der Katze besteht vornehmlich aus Fauchen und Schnurren, so adressiert sie Feind oder Freund.

Vögel, die rechtzeitig vor ihrer Paarungszeit ihre Nester bauen, haben offenbar eine innere biologische Uhr. Ihre Nester sind „Territorien ihres Selbst“. Sie können ihre Nester schmücken, etwa mit bunten Strohhalmen, und beweisen damit ihren Sinn für die Ästhetik  der Weibchen, die sie verlocken wollen.

Erdmännchen, die in den Wüsten von Südafrika leben, kennen mehrere spezifische Laute, um vor Angreifern aus der Luft oder Feinden, die sich auf dem Boden befinden, zu warnen. Aber insgesamt scheinen Tiere nicht über mehr als ein Dutzend Laute zu verfügen. Wie Menschen kommunizieren sie gleichzeitig auch über ihre Körpersprache, ihren Gesichtsausdruck und Körperhaltungen. Ihr Kommunikationssystem ist aber geschlossen, weitgehend genetisch fixiert.

Andere faszinierende Beispiele für das leibliche Wahrnehmen von Tieren sind die Fledermäuse, die Frösche oder die Seepferdchen oder die Bienen. (1)

Tiere verfügen über eine komplexe mentale Repräsentation, mit Hilfe derer sie Wahrnehmungen und Verhalten koordinieren. Solche mentalen Repräsentationen bilden im Gedächtnis die physische und soziale Umwelt ab - funktional und oft instinktgeleitet. Höher entwickelte Tiere verfügen wie Menschen über Schmerzrezeptoren und Schmerz-Repräsentationen in ihrem zentralen Nervensystem, die ein Bewusstsein von Schmerz erzeugen. Sie vermeiden Schmerz-Erlebnisse, man kann Schmerzen auch bei Tieren durch Analgetika lindern.

Lebewesen empfinden ein „Territorium ihres Selbst“ (wie es der Soziologe Erving Goffman für den Menschen beschreibt). Sie markieren ein Territorium, sie warnen vor Eindringlingen durch Rufe, sie fauchen, um Abstandsregeln durchzusetzen. Mit ihrer kommunikativen Zeichenwelt erweitern sie ihre leibliche Präsenz in den präsenten Raum hinein, sie demonstrieren durch Laute oder Duftmarken eine symbolische Präsenz dort, wo sie leiblich nicht sind. Sie bestärken ihre Lebensgemeinschaft mit Lauten und versuchen, Feinden zu imponieren. Tiere haben auch ein visuelles Raumverständnis, vergleichsweise kleinere Objekte erkennen sie als weiter weg. Die Wahrnehmung von Duftmarken, Lauten oder optische Zeichen ist über die Rezeptoren verteilt, wobei bestimmte Tiere eine Sensibilität für Frequenzen haben, über die die Menschen nicht verfügen.

Und der Mensch?

Was wäre nun der Unterschied zwischen dem Wahrnehmen tierischer Horden und dem der frühen menschlichen Horden? Zunächst vor allem, dass für den Menschen die Kooperation mit Artgenossen eine größere Rolle spielt. Auch Tiere kooperieren, und zwar über den Austausch von Berührungen, Lauten und über Bewegungs-Signale. Aus ihren Zeigegesten und Ruflaufen entwickelte sich die menschliche Sprache. (Tomasello, Dunbar, MG-Link)

Die Aneignung der Sprache durch Säuglinge und Kleinkinder gibt Hinweise darauf, wie die Sprach-Evolution geschehen sein könnte. Der aus dem Mutterleib hinausgeworfene Säugling muss sich vom Mutterleib ablösen, seinen Leib als eigenen Leib erleben lernen. Im frühkindlichen Leib werden die Erfahrungen von somatischen Reizen, Sinneseindrücken und psychologischen Grundmustern abgelegt und prägen ein vorbewusstes leibliches Selbst. Das geschieht natürlich nicht sprachvermittelt, sondern über das innere Erregungsgeschehen und die sinnlichen Wahrnehmungen. Der Mensch kommt im Vergleich zu seinen tierischen Verwandten als Frühgeburt auf die Welt – allein lebensunfähig. Im Grunde ein Versagen der Evolution – das weibliche Becken passte sich nicht dem größeren Schädel der Säuglinge an.

Aus der Not müssen die menschlichen Mütter eine Tugend machen. Mütter, die biologisch unfertige Junge in die Welt werfen, müssen sich sehr bemühen. Ob sie „willkommen“ sind auf der Welt, erfahren die Frühgeburten in der Resonanz mit ihrer Mutter, die sie auf dem Weg aus der Symbiose heraus begleitet. Aus Mangel an Instinkten müssen sie, in den Grenzen ihrer frühkindlichen Prägung, erst lernen, zu überleben. Die mütterliche „Resonanz“ (Joachim Bauer) ist überlebenswichtig für Neugeborene. Sie beginnt als Berührungs-Resonanz und wird bald zur Blick- und Laut-Resonanz. Kindliche Sprache entsteht dann durch die Verbindung zwischen dem leiblich-sinnlichen Erleben und den angetragenen Lauten. (2)  Aufgrund ihrer geringen Instinkte sind sie ein „Mängelwesen“ – angewiesen darauf, die Orientierung in ihrer Lebenswelt zu erlernen. In der Frühgeburt liegt eine Chance der Freiheit: Der neugeborene Mensch muss lernen, was er kann, was er will – daraus wurde das Erfolgsmodell der Evolution.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, kommuniziert der erwachsene Mensch wesentlich aber weiterhin mit der tierischen Körpersprache. In ihrer Kulturgeschichte haben sich die Menschen immer stärker auf die visuellen Wahrnehmungen konzentriert, akustische und olfaktorische Wahrnehmungen, die für das tierische Bewusstsein oft entscheidend sind, sind ins Unbewusste verdrängt. Aber rund ein Drittel der „Bedeutung“ wird über die Stimme und Tonlage vermittelt, Psychologen gehen davon aus, dass im Alltags-Plausch der Inhalt dessen, was gesagt wird, kaum zehn Prozent der kommunikativen Botschaft ausmacht. Auch wenn der Mensch gar nicht spricht - der Körper spricht immer „vielsagend”.  

Wahrnehmung der Bedeutung

Wenn in den frühesten erhaltenen Darstellungen Frauen-Figurinen mit überdimensionierten Geschlechtsorganen dargestellt wurden oder wenn ägyptische Wandmalereien eine ganze Geschichte erzählen, dann kann man daraus schließen, dass auch die Wahrnehmung einer Situation weder durch ein dreidimensionales Raumverständnis noch durch ein lineares Zeitverständnis geprägt war. Visuell dargestellt und wahrgenommen wurde die Bedeutung der Situation.

Emma Brunner-Traut hat an den frühen ägyptischen Bildnissen gezeigt, wie deren Wahrnehmung die Symbole schrittweise additiv erfasst und dann in Beziehung gebracht hat. Diese additive Bewusstseinsform kommt auch dort zum Ausdruck, wo Ethnologen mythische Denkfiguren beschreiben. Einem Menschen wird nicht ein Geist, eine Seele zugeordnet, sondern eine ganze Schar von Symbolen - für die einzelnen Funktionen.

In der ägyptischen Mythologie gibt es Namenseelen, Blut-, Atem- und Schattenseelen, es gibt solche, die den Leib erst im Tode verlassen, andere, die ihn schon im Leben verlassen, wieder andere, die ihn vorübergehend verlassen, und es gibt solche, die nach der Trennung vom Körper ein Sonderleben annehmen oder womöglich überhaupt ein Sonderleben haben. Es gibt menschliche, tierische, pflanzliche Seelen und solche von Bergen, Höhlen, Gewässern und Dingen, Sternen und Gestirnen. Menschen haben sich in einem Netzwerk von Kräften wahrgenommen, ihre inneren Gefühle als Wirkungen von Göttern und Geistern. Und auch die äußere Natur, in der sie sich bewegten, war durchwirkt von geheimnisvollen Kräften.

Ein Tier erlebt einen Donnerschlag als Schrecken, es hat keine Chance, sich den erlebten Schrecken durch eine Erzählung von Donnergott regelrecht anzueignen. Hilft es gegen das drohende Gewitter, wenn Menschen sich mit fürchterlichen Masken ausstatten und ein Löwengebrüll anstimmen? Möglicherweise. Jedenfalls vertreibt es die eigene Furcht.

Der Wille zum Sinn

Im Zusammenhang der Entwicklung der Sprache und sprachbasierter Kultur hatte das menschliche Gehirn komplizierte Mechanismen entwickelt, um die sensorischen Informationen, die es aufnimmt, zu verarbeiten. Das Gehirn erschafft so das Bewusstsein - als Verarbeitungstechnik für die sensorischen Daten. Gedanken, Gefühle und Erinnerungen sind Hilfs-Konstruktionen, um die sensorischen Daten zu ordnen. Unser Gehirn kann nicht anders: Es gehört zur Eigenlogik des Gehirn, die Masse der Datenflüsse mit einem Sinn zu überbauen und zu verdrängen, was sich in seine Sinn-Konstruktionen nicht einfügen lassen will. 

Wir kennen solche Kommunikations-Zustände von zwei- oder dreijährigen Kleinindern. Auch kleine Kinder haben ein „mythisches“ Bewusstsein, sie nehmen Träume und Märchen so wahr wie ihre Umwelt und können äußere und innere „Geschehnisse“ nicht unterscheiden. Sie unterscheiden nicht innere und äußere Wahrnehmungen. Kognitive Fähigkeiten entstehen als affektiv-emotionale Verarbeitungs-Mechanismen, der Mensch sortiert Wahrgenommenes nach Affekten, Emotionen und nach Zeichen. Mit ihrem mythisch tickenden Bewusstsein konnten die Urmenschen den Naturschrecken regelrecht „verdoppeln“ in einer theatralischen Zauber-Phantasie. Mit dem theatralischen Zauber konnten sie spielen, einen Gegenzauber inszenieren in der Hoffnung, dass ihr Gegen-Zauber dem Naturschrecken seine bedrohliche Kraft nimmt. Wenn für den Wind eine Göttin verantwortlich ist, dann kann der Mensch sagen: Klar, der Wind, kenne mich aus. Der Windgöttin kann man Opfer bringen, also nach menschlicher Art in freundschaftlichen Kontakt treten. Für seine Opfergabe kann Mensch eine Gegengabe erwarten. Die Segnungsrituale der Kirchen erinnern heute noch an die archaischen Muster des Umgangs mit dem Unbegreiflichen.

    Siehe auch meine Texte: 
    Orale Sinnlichkeit  MG-Link
    Das oral-visuelle Selbst  MG-Link
    Das gespürte und das gedachte Ich   MG-Link
    Tastende Sinnlichkeit   MG-Link

    Was ist Sprache? MG-Link
    Sprache Denken - symbolisches Wahrnehmen MG-Link
    Sprache der Metaphern  MG-Link
    Bilddenken, Bildhandeln    MG-Link
    Das mythisch tickende, phantastische Gehirn  MG-Link
    Sehen und Denken   MG-Link
    Wie denken Menschenaffen? Denken ohne Sprache  
    MG-Link
    Über die mythischen Bilder im Kopf   MG-Link
    Über die Entstehung von Sprache, Klatsch und Tratsch  MG-Link

 

    Anm. 1: Zum Beispiel Fledermäuse, Frösche, Seepferdchen, Bienen:

    Zum Weltbild der Fledermäuse - MG-Link

    Was das Froschgehirn vom Froschauge wissen will
    Zum Verständnis der visuellen Wahrnehmungs-Prozesse eignet sich die alte, von Jerome Lettvin 1959 erstmals beantwortete Frage, was das Froschgehirn vom Froschauge wissen will. Das Froschgehirn „kennt” und erkennt nämlich keine speziellen Objekte oder Formen, es selektiert aus der visuell vom Froschauge wahrgenommenen Umwelt vier Typen von Phänomenen: 
    - plötzliche Veränderungen der Lichtverhältnisse (die darauf hindeuten, dass sich ein Storch nähert oder ein kleines Objekt vor seinen Augen tanzt - eine Fliege), 
    - deutliche Kontrastlinien (die zum Beispiel erkennen lassen, wo der Horizont ist), 
    - Ränder, die sich bewegen (die zum Beispiel etwas über die Bewegungen des Storches aussagen), und 
    - die Randkrümmung kleiner, dunkler Objekte (quasi also Insekten-Detektoren)
    Das Froschauge kennt keinen Bereich der größten Sehschärfe, auf die er einen Teil des Bildes zentrieren müsste, seine Linse lässt ihn nur scharf sehen, was in 15 Zentimetern Abstand - und also in Reichweite der Zunge - ist. Der Frosch kann seine Augen nicht drehen, nur seinen ganzen Kopf. Sein Froschgehirn kompensiert äußere Körperbewegungen aktiv, etwa wenn er auf einem schaukelnden Wasserlilienblatt sitzt: Bewegung sieht er, wenn es Bewegung seiner äußeren Umwelt ist. Inmitten von unbeweglich dasitzenden Fliegen würde ein Frosch verhungern. Die eingebaute Selektivität seiner Wahrnehmungsweise spart aber Energie. Der Frosch kann schnell und zuverlässig reagieren - kein Mensch kann bekanntlich mit dem Maul eine Fliege fangen. Der Frosch nimmt so von seiner Umwelt das wahr, was für sein Überleben wichtig ist.

    Seepferdchen, die perfekten romantischen Liebhaber
    Es gibt ihn seit 40 Millionen Jahren, den perfekten Liebhaber. Er lebt im seichten Gewässer und zelebriert die romantische Liebe wie kaum ein anderes Geschöpf, er übernimmt als Männchen sogar die Mühen der Schwangerschaft: Hippocampus ist der Name der Spezies. „Verliebte” Seepferdchen-Paare drehen stundenlang gemeinsam Pirouetten im Seegras und fassen sich bei den Schwanzspitzen, sie reiben ihre Nasen aneinander, umrunden sich, ja, sie „erröten“ in Orange und Pink. Sie tanzen. Beim Liebesakt schließlich spritzen die Weibchen ihre Eier - bis zu 200 - mithilfe einer penisähnlichen Legeröhre in die männliche Bauchtasche. Danach taumelt das Männchen schwankend davon - scheinbar vollkommen „glücklich”. In der Bauchtasche werden die Eier befruchtet, in Gewebe gebettet und 12 Tage lang mit Sauerstoff und Nährsubstanzen versorgt.  Gesteuert wird dieser Vorgang von dem Hormon Prolactin, das auch bei Menschenfrauen die Milchproduktion stimuliert.
    Die instinktgesteuerte Fähigkeit zu „romantischer“ Liebe ist bei der Höherentwicklung der Arten verloren gegangen. Bei den meisten Säugern „nimmt” das Männchen sich das Weibchen. Sexualität hat mit Macht und Hierarchie zu tun und ähnelt oft ganz unromantisch einer Vergewaltigung.

    Kommunikation der Bienen
    Die „Sprache“ der Bienen ist von dem österreichischen Zoologen Karl von Frisch in den 1920er Jahren entdeckt und erstmals beschrieben. Um Blütenfarben wahrzunehmen, brauchen Bienen keine Worte für diese Farben, die Wahrnehmung ist nichtbegrifflich. Bienen sind hin sichtlich ihrer Unterscheidungsfähigkeit von Blütenfarben lernfähig. Bei ihrer „Sprache“ handelt es sich um ein geschlossenes Kommunikationssystem, in dem es z.B. keine Möglichkeit des „Nein“ gibt. Weder kann eine Biene einer anderen widersprechen, noch kann sie ausdrücken, dass sie nicht mitfliegen wird, weil sie keine Lust hat. Die „Bienensprache” ist instinktiv.  Ein Beispiel für körperliches Wahrnehmen sind auch die Mechanismen der Schwarmbildung bei Fischen, Landtieren und Vögeln.

    (2) Um den achtzehnten Lebensmonat herum beginnt der Sprung in die Welt der Wörter. Wörter sind Symbole und spannen eine Welt mentalen Probehandelns auf. „Tagebuch eines Babys“ hat der amerikanische Psychologe Daniel N. Stern versucht, die Art und Weise, wie Säuglinge sich und ihre Umgebung empfinden, in das Wort-Denken eines Erwachsenen zu übersetzen.  MG-Link  und Link Sterns_baby-gefuhle